Das besondere Osterei des amerikanischen Schrotthändlers

Goldenes Ei entpuppt sich als verschollenes Fabergé-Ei der Zaren-Familie.
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Quelle: Photograph courtesy of Wartski, London

Im Jahr 2014 kaufte ein amerikanischer Schrotthändler auf einem Antikmarkt ein aufwändig verziertes goldenes kleines Dekorationsobjekt mit geschwungenen Beinen in Ei-ähnlicher Form mit integrierter Uhr für umgerechnet 10.000 €. Er wollte mit dem Weiterverkauf einen Gewinn machen.

Doch dann recherchierte er die Gravur „Vacheron Constantin“ bei Google und stieß auf einen Bericht über die Fabergé-Eier, die zwischen 1885 und 1917 als luxuriöse Schmuckdekorationen in Form eines Ostereis von Peter Carl Fabergé in Sankt Petersburg angefertigt wurden, der diese und andere Goldschmiedearbeiten auf höchstem Niveau herstellte. Die sogenannten Prunkeier wurden für den russischen Zaren angefertigt, jedoch bestellten auch andere reiche Auftraggeber solche Schmuck-Eier. Daraufhin nahm der Schrotthändler Kontakt mit der Fabergé-Expertin Kieran McCarthy aus dem Londoner Juwelierhaus Wartski auf und diese bestätigte ihm: Es handelte sich tatsächlich um ein echtes Fabergé-Ei, eines von acht vermissten Eiern des russischen Kaisers – eine absolute Sensation! 

Quelle: Photograph courtesy of Wartski, London 

Das Ei hat eine Größe von 8,2 cm und ist mit einem Cabochonsaphir und einem Rosendiamanten verziert. Im Inneren enthält es eine Uhr des Luxus-Uhrenmachers Vacheron Constantin. Experten hatten schon 2011 herausgefunden, dass es 1964 bei einer Auktion in New York versteigert wurde, aber dort nicht als Fabergé-Ei erkannt worden war.

Das erste Fabergé-Ei wurde vom russischen Kaiser Alexander III. bei seinem Hofjuwelier Carl Fabergé 1885 in Auftrag gegeben, der jedes Jahr seiner Frau, Kaiserin Maria Feodorowna, ein Ei zu Ostern schenkte. Seit dem 17. Jahrhundert gibt es in Russland die Tradition sich zum wichtigsten orthodoxischen Fest geschmückte Eier und drei Küsse zu schenken. Im Lauf der Zeit entwickelte sich, je nach Wohlstand einer Familie, der Brauch, anstatt von normalen Hühnereiern symbolische Eier aus anderen Materialien wie Holz, Porzellan, Glas oder Metall zu überreichen.

Die sehr reich verzierten, luxuriösen Fabergé-Eier wurden aus feinsten Materialien, wie Gold, Silber, Elfenbein, Perlen, Diamanten und Edelsteinen etc. hergestellt und enthielten neben sehr aufwändigen, detailreichen Anfertigungen auch oft sehr persönliche Überraschungen bereit oder wurden nach einem gerade aktuellen gesellschaftlichen Ereignis gestaltet. Es gibt die wunderbarsten Ei-Kreationen, wie z.B. Uhren und bewegliche Figuren (auch mit Spieluhr-Technik) oder einen Kutschenwagen mit Ei, gezogen von einem Engel, ein Silberei mit dem eingravierten Streckenverlauf der Transsibirischen Eisenbahn (um 1900) inklusive Miniaturzug mit Schlüssel zum Aufziehen, Eier mit Miniatur-Bildern etc.

Nach dem Öffnen des Eis wurde immer eine Überraschung geboten wie beispielsweise ein Dotter aus Gold und eine goldene Henne, Porträtbilder von Zaren-Familienmitgliedern, Miniaturen von Schlössern, Landhäusern, Yachten, Schiffen, Kutschen, Statuen, Minifiguren (wie z.B. die vier Zarentöchter um 1910), diamantenbesetzte Miniatur-Nécessaire-Werkzeuge, Uhren, ein Hahn mit Singvogel-Mechanismus, ein laufender aufziehbarer Pfau, separate Edelstein-Anhänger zum Herausnehmen etc.. Dabei wurden auch noch so kleinste Feinheiten entworfen, wie z.B. die Miniaturkutsche zur Kaiserkrönung von Zar Nikolaus II. und Zarin Alexandra Fjodorowna, bei der sich sogar die kleine Kutschentreppe herunterklappen ließ.
  

Quelle: Photograph courtesy of Wartski, London 

Das 2014 aufgetauchte Ei bekam Maria Feodorowna an Ostern 1887 von Ihrem Gemahl geschenkt. Insgesamt wurden 50 Fabergé-Eier für die Zaren-Familie angefertigt, die sich bis zur Oktoberrevolution 1917 in deren Besitz befanden. Das letzte an sie verschenkte Ei nahm die Zarenmutter 1916 mit auf ihre Flucht nach Dänemark. Die restlichen Eier wurden von Lenin beschlagnahmt und an Kunsthändler im Westen verkauft bis auf acht verschollene Exemplare.

Kaiserliche und nicht-kaiserliche Eier wurden im Laufe der Zeit von den verschiedensten Geschäftsmännern, Stiftungen, Oligarchen, Museen, dem britischen Königshaus, dem Kreml, dem Fürstentum Monaco, Stiftungen und Sammlern erworben und zum Teil in Ausstellungen gezeigt.

Fabergé-Eier sind sehr selten und daher auch sehr gesucht: Das 1913 entstandene sogenannte Winter-Ei, das aus Anlass des 300-jährigen Bestehens der Romanow-Dynastie für die Zarenmutter hergestellt wurde, erzielte bei Christie´s im Jahr 2002 einen Preis von 9,6 Millionen US Dollar. 2007 wurde ein nicht-kaiserliches Ei aus dem Rothschild-Besitz für 12,5 Millionen Euro an einen russischen Milliardär verkauft.

Im April 2014 wurde das goldene Uhren-Ei nach 112 Jahren zum ersten Mal wieder öffentlich bei Wartski ausgestellt, bevor es diese an einen Sammler vermittelten. Sowohl dieser, als auch der amerikanische Schrotthändler wollten anonym bleiben. Auch der Verkaufspreis wurde nicht bekanntgegeben, jedoch wird der Wert auf mindestens 24 Millionen Euro geschätzt.

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