Um 1750 erschienen im Augsburger Verlag des Martin Engelbrecht eine Vielzahl von Perspektivtheatern bzw. Dioramen. Im Zeitalter des Barocks boten diese filigran ausgeschnittenen Papierkunstwerke ein neues Seherlebnis. Mit ihrer räumlichen Tiefe zogen sie den Betrachter in ihren Bann – 3D-Kino im Barockzeitalter.
Bei den Perspektivtheater-Dioramen handelt es sich um Gruppen von Kupferstichen, die entsprechend ausgeschnitten und in einen Guckkasten montiert eine Kulisse zur Darstellung vielfältiger Sujets bilden. Die Kupferstiche der Perspektivtheater-Dioramen, welche eine verbreitete Form der Unterhaltung im Europa des 18. Jahrhunderts waren, können als weitverbreitete, dekorative Gebrauchsgrafik kategorisiert werden.
Frühere Studien zu diesen Dioramen haben vielfach zwei einander entgegengesetzte Tendenzen herausgestellt. Auf der einen Seite wurden grafische Erzeugnisse nicht ausdrücklich künstlerischen Charakters unterschätzt. Aus diesem Grund wurden für die Untersuchung jener Art von Bildern ihre Einordnung in die kultur- und alltagsgeschichtlichen Zusammenhänge, ihre Datierung sowie Katalogisierung für nicht notwendig erachtet, durch die ihre zahlreichen Verbindungen zur zeitgenössischen und nicht nur figurativen Kultur hätten geklärt werden können. Andererseits wurden solcherlei ikonografische Dokumente, die fast ausnahmslos der kurzfristigen Zerstreuung galten, aufgrund ihrer Seltenheit als einzigartig betrachtet, wobei ihre oberflächlicheren Merkmale, ihre Lust- und Kuriositäten-Eigenschaften hervorgehoben wurden. Somit wurden diese Dioramen aus der Produktions- bzw. Marktlogik herausgelöst, welche als fundamentale Eigenschaft von zu Tausenden gedruckten Bildern angesehen werden muss.
In den vergangenen drei Jahrzehnten wurden den optischen Unterhaltungen bzw. Belustigungen zahlreiche Studien gewidmet, in denen die Perspektivtheater-Dioramen gelegentlich Erwähnung finden. Der vorstellungshistorische Ansatz dieser Studien war auf gewisse Aspekte, wie den der Rezeption sowie des optischen Genusses fokussiert, die durchaus bedeutungsvoll sind. Dabei wurden die ikonografischen und grafisch-darstellungsgeschichtlichen Elemente tendenziell außer Acht gelassen. Aus den jüngeren Untersuchungen auf dem Gebiet der Geschichte der Drucke sind neue Daten hervorgegangen, die eine genauere Konturierung dieser einzigartigen, gar nicht so flüchtigen Mode ermöglichen, welche für viele Jahrzehnte – ungefähr zwischen den Jahren 1740 und 1800 – eine gesamteuropäische Verbreitung fand.
Es war der Verleger Martin Engelbrecht (1684-1756), der wie kein anderer es verstand, die Lust nach Bilderwelten gekonnt mit seinen Verlagserzeugnissen zu befriedigen. Er selbst war ein solider Zeichner und Stecher. Bedeutsamer war sein Verlegertum. Viele bedeutenden Künstler der damaligen Zeit veröffentlichten in seinem Verlag. Engelbrecht selbst sorgte für einen internationalen Vertrieb der grafischen Erzeugnisse, die durch ihre künstlerische und grafische Qualität auch heute noch den Betrachter beeindrucken.
Literatur zum Thema:
Martin Engelbrecht – Perspektivtheater - Dioramen
Alberto Milano
310 Seiten, ca. 290 Abbildungen
Preis: EURO 79,- (inkl. MwSt. zzgl. Versand)
Füsslin Verlag, Stuttgart
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