Beschreibung:

Berliner Geselligkeit um 1920 Berlin. - Gästebuch-Kassette des Berliner Weinhändler-Ehepaars Paul und Marie Kressmann. 53 Bl. unbeschnittenes Bütten mit grüner Schmuck-Bordüre, davon 51 Seiten beschrieben oder illustriert. Mit 5 teils aquarellierten oder mit Farbstift bearbeiteten Federzeichnungen, 1 Farbstift-Zeichnung, 3 Bleistift-Zeichnungen und 1 Lithographie, meist vom jeweiligen Künstler signiert. Gr. 4to (32,5 x 25 cm). Lose Bl. in einer Halbleder Kassette d. Z. (1 Rückenkante angeplatzt; Schließen defekt) mit goldgeprägter Deckelvignette. Berlin, Jan. 1918 - März 1924. Reichhaltiges und reizvoll illustriertes, in Einzelblättern angelegtes Gästebuch des Berliner Ehepaares Marie und Paul Kressmann, die offenbar in enger Verbindung zu den Mitarbeitern des traditionsreichen Witzblattes "Kladderadatsch" standen, "Kladderadatsch-Abende" veranstalteten und sogar den Deckel der vorliegenden Kassette entsprechend illustrieren ließen: die goldgeprägte Vignette zeigt einen kleinen gehörnten Pan mit dem bekannten Gesicht der "Kladderadatsch"- Titelfigur, auf einem Stapel von Büchern und Manuskripten sitzend und Flöte blasend, neben sich üppige Speisen mit Geflügel und Champagner. Die Gäste der Kressmanns waren Schriftsteller, Journalisten, Maler, Illustratoren, Militärs und Politiker, vor allem aber literarische Mitarbeiter und Karikaturisten des Satireblattes, das zu dieser Zeit allerdings seine liberal-oppositionelle Haltung eingebüßt und, vor allem seit Kriegsbeginn, eine deutschnationale und rechtsgerichtete Tendenz angenommen hatte. Mit meist längeren Gedichten und Prosatexten oder ganzseitigen Zeichnungen sind vertreten: aus den Gebieten Literatur und Journalistik Rudolf Hofmann (Herausgeber und Verleger des "Kladderadatsch" ), Carl Bulcke, Ludwig Viereck, Josef von Lauff, Ludwig Sternaux, Heinz Tovote, Atz vom Rhyn (Arthur Rehbein), Adolf Paul, Fedor von Zobeltitz, Paul Lindenberg, Ludwig von Ploetz, Karl Strecker, Max Rudolf Kaufmann Paul Mahn, Paul Oskar Höcker, Alfred Holzbock, Eugen Zabel und andere. - Aus dem Bereich der Bildenden Kunst: Arthur Johnson (Karikaturist des "Kladderadatsch" ), Nicola Michailow, Ludwig Manzel (mit einem Porträt des Generals v. Twardowski), Raphael Schuster-Woldan (mit 2 farbigen Skizzen von 1901 zu Deckenfresken im Großen Sitzungssaal des Bundesrates im Reichstagsgebäude ), Hermann Hirzel (mit einer ganzseitig und bildmäßig ausgeführten Landschaft), Max Rabes (Damenporträt in feiner Bleistiftzeichnung), Maximilian Klewer (originelles Selbstporträt), Werner Hahmann (Karikaturist des "Kladderadatsch" ) und Siegfried von Volkmann. - Ferner mehrere Wissenschaftler (darunter der Geograph Otto Baschin und der Kunsthistoriker Franz Hermann Meißner) sowie einige Militärs, darunter der Generalmajor und berühmte Ballonfahrer Hugo von Abercron (mit einem Gedicht "Luftschifferlied"), der Musiker Ferdinand Hummel (Komponist und Musikdirektor am Königl. Schauspielhaus), schließlich der legendäre Antiquar Martin Breslauer (mit einem Gedicht) und der spätere Reichskanzler Gustav Stresemann. Inmitten schwerster politischer Krisen (Ostern 1922) beschreibt Stresemann in einem hier wohl angebrachten, auffallend deutschtümelnden Stil den Charakter der Abendgesellschaften im Hause Kressmann: "... Von dem Volk der Dichter und Denker spricht man wie von einem Märchen aus alten Zeiten. Für mich ward das Märchen Wirklichkeit in den schönen Stunden ausruhender Geselligkeit, die das Haus Kressmann mir bot. Hier traf ich um den Herrn des Hauses und seine Gattin geschaart [!] Führer des Geisteslebens, deren Wesen im Deutschtum wurzelte und in deren Werken Sang und Sage, deutscher Ruhm und deutsche Not ihren Ausdruck fanden. Hier spricht man von edlen Weinen wie von schönen Frauen und genießt, was sie darbieten in Andacht und Verehrung. Hier fliegen die Witzworte im geistigen Wettstreit herüber und hinüber, hier ward die heilige deutsche Mitternacht lebendig, wenn wir unter der deutschen Kr