Premium pages left without account:

Auction archive: Lot number 2585

Szittya, Emil

Estimate
€750
ca. US$882
Price realised:
€500
ca. US$588
Auction archive: Lot number 2585

Szittya, Emil

Estimate
€750
ca. US$882
Price realised:
€500
ca. US$588
Beschreibung:

Berliner Kaffeehaus-Impressionen Szittya, Emil, aus Budapest stammender Schriftsteller, Maler und Bohemien, befreundet mit zahlreichen Künstlern und Autoren der europäischen Avantgarde (1886-1964). Eigh. Tagebuch. In deutscher Sprache. 10 Bl., einseitig beschrieben. (Bleistift und Tinte). Mit 2 Selbstkarikaturen. 8vo. Kartonage d. Z. (Gebrauchsspuren). (Berlin, wohl 1922). Unscheinbares Heftchen, dessen Deckelschild mit Bleistift und Kugelschreiber beschriftet ist:" Ein Jahr. welches? 18 August, 19 August 1922". Darunter der gestempelte Namenszug "Szittya". Die Aufzeichnungen enthalten in bunter Folge intime Bekenntnisse, Gedanken, Beobachtungen, Erlebnisse und Begegnungen in Berliner Kaffeehäusern, oft in mangelhafter Orthographie, die wohl auf Szittyas noch nicht perfekte Deutschkenntnisse zurückzuführen sind. Wechselnder Schriftcharakter und manche - z. B. antisemitische - Ausfälle lassen auf Alkohol-Einfluß schließen. Auszüge: "Ich sitze im romanischen Cafee. Es ist 12 Uhr Nachts vorüber. Lese Platens 'Ghaselen' - Neben mir sitzt eine ganz nett aussehende Ungarin. Will das mich gerade jetzt aufmerksam machen dass ich in Ungarn geboren bin. Wir schprechen über Ungarn. Ich schimpfe. Beginne ich mein Geburtstag mit Schimpfen? ... Ich habe ja nur Ekel. Das Vergangene barg ja so viel Lüge ... War sehr müde als ich Nachause kamm. Morgens besprize ich die von Lotti bekomne Blumen. Mache mein Bett (Es war 3 Wochen schon nicht gemacht). Reinige den Tisch. Reinige meine Pfeife ... Gehe ins Bad. Erschrecke wie schmuzig das Wasser ist. Habe seit Monaten nicht gebadet ... Trinke ein Gongnac. Werde auf der Strasse von Arbeitern angebrüllt weil ich auf der Strasse schreibe. (Das ist das organisierte Proletariat) Bin unheimlich müde ... War im Hurencafé National in der Friedrichstr. Sehr langweilig. Keine einzige Hure die mich interessiert. Jeny sagte: - ich soll einen Wunschzettel wie ein kleiner Bube aufstelen. - Hab keinen aufgestelt ... Ich streichelte Freulein Weinmann (ohne Freulein kann man diesen Namen nicht aussprechen) die rotte Backen. Lotti schenkte mir eine Pfeife ... Neben mir zählt ein Jude protzig viel Geld ... Lyk kamm ins Cafe. Machte Andeutungen ob er mich nicht anpumpen könnte. Lyl ging durchs Kafe. Mich ekelt das kleine jüdische Mädchen mit ihrer Besitzergeste an ... Der kleine jüdische Georg Ehrlich kamm ins Cafe. Ich mußte ihn nachrennen (wie mich dass anekelt) - Er bezahlte mit einen zerisnen 100 Mark die Gebette [Szittyas 1922 erschienenes Buch "Die Gebete über die Tragik Gottes"] und machte schmuzige Witze über die Sprache meines Büchleins. Ich verkaufte vor ihm die zerisne 100 Mark für 90 Mark den Kelner. Am liebsten hätte ichs den dreckigen Juden ins Gesicht gehaut, aber ich brauchte das Geld auf Mittagessen ... (Heute krabelt vortwährend das Wort 'Dreck' in meinen Gedanken). Mir gegenüber sitzt Paul Gangolf (Auch der ekelt mich an). Ich habe Angst vor diesem Tagebuch, dass ich da zu schreiben beginne. Es wird eine Strasse meiner Langeweile sein. Wird meine Weltekel, meine Sensucht enthalten. - Ich friere. Mir ist so kotzerich zu Muthe. Werden auf diessen Blättern auch freudige Stunden kommen? ... Ich lesse die sentimentale Geschichten von Anton Wall (XVIIItes Jahrhundert) und hab Tränen in den Augen ... Ich mag den Kelnertypus nicht. Adrian van der Broecke kamm eben ins Cafe. Ich weis nicht warum ich daran denke, das seine Haare verlaust sind ... Gott! gib mir Antwort, weshalb ich so entwurzelt bin? Ich lebe in einer traurigen Zeit - Jeder nichtjüdisch aussehender der blonde Haare und blaue Augen hat, wird als Deutschnational verdächtigt ... Es war doch schmuzig das Ehrlich mir einen zerisnen 100 Markschein gab. Jetzt beginne ich mich erst zu ärgern - also noch ein Mensch von dem ich nichts wissen darf (und so werden es täglich mehr). Ich hasse das Leben. Jetzt sitze ich seit 10 Uhr im Cafe. - Ficker vom 'Brenner' hat meine 'Gebete' zurückgeschickt ... Wie so ein Silbergleit mit einer Glatze so sentimentale Ge

Auction archive: Lot number 2585
Auction:
Datum:
7 Oct 2020
Auction house:
Galerie Bassenge
Erdener Str. 5a
14193 Berlin
Germany
info@bassenge.com
+49 30 89380290
+49 30 8918025
Beschreibung:

Berliner Kaffeehaus-Impressionen Szittya, Emil, aus Budapest stammender Schriftsteller, Maler und Bohemien, befreundet mit zahlreichen Künstlern und Autoren der europäischen Avantgarde (1886-1964). Eigh. Tagebuch. In deutscher Sprache. 10 Bl., einseitig beschrieben. (Bleistift und Tinte). Mit 2 Selbstkarikaturen. 8vo. Kartonage d. Z. (Gebrauchsspuren). (Berlin, wohl 1922). Unscheinbares Heftchen, dessen Deckelschild mit Bleistift und Kugelschreiber beschriftet ist:" Ein Jahr. welches? 18 August, 19 August 1922". Darunter der gestempelte Namenszug "Szittya". Die Aufzeichnungen enthalten in bunter Folge intime Bekenntnisse, Gedanken, Beobachtungen, Erlebnisse und Begegnungen in Berliner Kaffeehäusern, oft in mangelhafter Orthographie, die wohl auf Szittyas noch nicht perfekte Deutschkenntnisse zurückzuführen sind. Wechselnder Schriftcharakter und manche - z. B. antisemitische - Ausfälle lassen auf Alkohol-Einfluß schließen. Auszüge: "Ich sitze im romanischen Cafee. Es ist 12 Uhr Nachts vorüber. Lese Platens 'Ghaselen' - Neben mir sitzt eine ganz nett aussehende Ungarin. Will das mich gerade jetzt aufmerksam machen dass ich in Ungarn geboren bin. Wir schprechen über Ungarn. Ich schimpfe. Beginne ich mein Geburtstag mit Schimpfen? ... Ich habe ja nur Ekel. Das Vergangene barg ja so viel Lüge ... War sehr müde als ich Nachause kamm. Morgens besprize ich die von Lotti bekomne Blumen. Mache mein Bett (Es war 3 Wochen schon nicht gemacht). Reinige den Tisch. Reinige meine Pfeife ... Gehe ins Bad. Erschrecke wie schmuzig das Wasser ist. Habe seit Monaten nicht gebadet ... Trinke ein Gongnac. Werde auf der Strasse von Arbeitern angebrüllt weil ich auf der Strasse schreibe. (Das ist das organisierte Proletariat) Bin unheimlich müde ... War im Hurencafé National in der Friedrichstr. Sehr langweilig. Keine einzige Hure die mich interessiert. Jeny sagte: - ich soll einen Wunschzettel wie ein kleiner Bube aufstelen. - Hab keinen aufgestelt ... Ich streichelte Freulein Weinmann (ohne Freulein kann man diesen Namen nicht aussprechen) die rotte Backen. Lotti schenkte mir eine Pfeife ... Neben mir zählt ein Jude protzig viel Geld ... Lyk kamm ins Cafe. Machte Andeutungen ob er mich nicht anpumpen könnte. Lyl ging durchs Kafe. Mich ekelt das kleine jüdische Mädchen mit ihrer Besitzergeste an ... Der kleine jüdische Georg Ehrlich kamm ins Cafe. Ich mußte ihn nachrennen (wie mich dass anekelt) - Er bezahlte mit einen zerisnen 100 Mark die Gebette [Szittyas 1922 erschienenes Buch "Die Gebete über die Tragik Gottes"] und machte schmuzige Witze über die Sprache meines Büchleins. Ich verkaufte vor ihm die zerisne 100 Mark für 90 Mark den Kelner. Am liebsten hätte ichs den dreckigen Juden ins Gesicht gehaut, aber ich brauchte das Geld auf Mittagessen ... (Heute krabelt vortwährend das Wort 'Dreck' in meinen Gedanken). Mir gegenüber sitzt Paul Gangolf (Auch der ekelt mich an). Ich habe Angst vor diesem Tagebuch, dass ich da zu schreiben beginne. Es wird eine Strasse meiner Langeweile sein. Wird meine Weltekel, meine Sensucht enthalten. - Ich friere. Mir ist so kotzerich zu Muthe. Werden auf diessen Blättern auch freudige Stunden kommen? ... Ich lesse die sentimentale Geschichten von Anton Wall (XVIIItes Jahrhundert) und hab Tränen in den Augen ... Ich mag den Kelnertypus nicht. Adrian van der Broecke kamm eben ins Cafe. Ich weis nicht warum ich daran denke, das seine Haare verlaust sind ... Gott! gib mir Antwort, weshalb ich so entwurzelt bin? Ich lebe in einer traurigen Zeit - Jeder nichtjüdisch aussehender der blonde Haare und blaue Augen hat, wird als Deutschnational verdächtigt ... Es war doch schmuzig das Ehrlich mir einen zerisnen 100 Markschein gab. Jetzt beginne ich mich erst zu ärgern - also noch ein Mensch von dem ich nichts wissen darf (und so werden es täglich mehr). Ich hasse das Leben. Jetzt sitze ich seit 10 Uhr im Cafe. - Ficker vom 'Brenner' hat meine 'Gebete' zurückgeschickt ... Wie so ein Silbergleit mit einer Glatze so sentimentale Ge

Auction archive: Lot number 2585
Auction:
Datum:
7 Oct 2020
Auction house:
Galerie Bassenge
Erdener Str. 5a
14193 Berlin
Germany
info@bassenge.com
+49 30 89380290
+49 30 8918025
Try LotSearch

Try LotSearch and its premium features for 7 days - without any costs!

  • Search lots and bid
  • Price database and artist analysis
  • Alerts for your searches
Create an alert now!

Be notified automatically about new items in upcoming auctions.

Create an alert